Freitag, 9. November 2007

Erster Rundbrief

Hier mein erster Rundbrief. Er wird noch Korrekturgelesen, aber ich veröffentliche ihn schon mal, und korregiere das dann später noch.

Liebe Familie, liebe Freunde und Bekannte, liebe Unterstützer, lieber Ralf,

zweieinhalb Monate habe ich jetzt in Argentinien verbracht. Diese Zeit hat mir schon einen guten Einblick in die Arbeit des Altenheimes und in die argentinische Kultur gegeben.

Nach einem kurzen Einführungsseminar in Buenos Aires bin ich mit dem Bus die letzten 1100 km zu meinen Einsatzort gefahren. Das Altenheim in dem ich arbeite liegt ca. 4 km außerhalb von Allen, einer Kleinstadt im Norden Patagoniens, mitten in einem künstlich angelegten Obstanbaugebiet. In die Stadt kommt man mit dem Bus, der tagsüber stündlich hier vorbeifährt, oder mit dem Fahrrad, was bei dem starken Wind in dieser Region oft sehr anstrengend ist.

Vor 100 Jahren war hier alles noch Steinwüste, inzwischen wurden unzählige Kanäle gebaut und Plantagen angelegt. Deshalb sind alle Städte hier in der Umgebung sehr jung. Städte, die länger als 80-90 Jahre existieren, sind hier eine Seltenheit. So ist das Altenheim, in dem ich arbeite, auch gerade mal 20 Jahre alt. In dem Heim sind momentan 15 Abuelos (Großeltern) interniert, viele sind jedoch noch so fit, dass sie fast alles noch alleine machen können.

Im Moment ist es so geregelt, dass Franziska (meine Mit-Volontärin) und ich uns mit den Arbeiten innerhalb und außerhalb des Heimes abwechseln.

Innerhalb des Heimes besteht die Arbeit hauptsächlich aus Abwaschen, Kleidung waschen, aufhängen, zusammenfalten und einsortieren, beim Kochen zu helfen, die Tische zu decken oder mit den Abuelos ein Spiel zu spielen.

Wer außerhalb des Heimes arbeitet muss das Gras mähen, die Blumen und den Rasen bewässern und das machen was sonst noch so anfällt. So habe ich z.B. eine Hundehütte für die „Hündin des Heimes“ gebaut. Außerdem hat Franziska mit der Hilfe des Sohnes der deutschen Pastorenfamilie hier im Heim ein Beet angelegt, das ich dann zum Schutz gegen die vielen wilden Hunde einzäunen musste.

Insgesamt sind die wilden Hunde und Katzen hier ein großes Problem. Eine Abuela gibt immer heimlich einem der Hunde etwas zu fressen, deshalb kommt er immer wieder und streift dabei die Wäsche, die draußen zum Trocknen aufgehängt ist. Bei mehreren Abuelos hat dies schon zu Hautausschlag geführt.

Ende Oktober wurden fünf große Solarpanelle auf dem Dach des Heimes installiert. Diese werden in Zukunft das Wasser im Heim erhitzen. Bis jetzt wurde das Wasser immer in großen Gasbrennern erhitzt. Gas ist für das Heim jedoch sehr teuer, was daran liegt, dass das Heim nicht an eine Gasleitung angeschlossen ist, sondern das Gas in Tankwagen geliefert werden muss.

Auch wenn das Umweltbewusstsein hier wächst, sind die Argentinier von Mülltrennung noch weit entfernt. Fast immer steht ein großer Müllcontainer im Hof des Heimes. Dort wird alles rein geworfen, von dem normalen Hausmüll über Biomüll, Glasflaschen, alten Möbeln, Matratzen, Glühbirnen und Batterien bis hin zu Windeln.

Das Heim ist Anfang November 20 Jahre alt geworden, was - typisch argentinisch - mit einem großen Asado gefeiert wurde.

Asado ist ein ein grosser Grill auf dem eigentlich alles vom Rind ausser dem Schwanz und der Hufe gegrillt wird. Fast jeden Sonntag machen die Argentinier mit ihrer Familie ein grosses Asado. Für viele Argentinier ist es unglaublich, dass es in Deutschland kein richtiges Asado gibt.

Für die Abuelos war diese Feier eine gute Abwechslung, denn manche bekommen sehr wenig oder nie Besuch. Es gibt Angehörige die jedes Wochenende vier Stunden Fahrt auf sich nehmen um ihre Eltern zu besuchen, andere Angehörige kommen jedoch nur noch um für die Pflege zu bezahlen.

Eine Abuela, Ignacia, bekam jetzt zum ersten Mal seit sie hier ist Besuch. Ignacia ist bereits fast zwei Jahre im Heim. Sie hat mit 15 Jahren angefangen auf einer Chacra (Plantage) auf die Kinder eines Bauern aufzupassen. Als die Kinder dann groß genug waren, hat sie die Eltern des Bauern gepflegt, und danach auf die Kinder der Kinder aufgepasst. Eines dieser Kinder hat sie dann auch letztendlich zu dem Heim gebracht.

Sie hat ihr ganzes Leben lang auf der Chacra gelebt und gearbeitet, und jetzt lässt sie es sich nicht nehmen, noch manchmal das Geschirr abzutrocknen. Es gab auch mal noch eine andere Abuela mit der sie sich zeitweise um das Abtrocknen gestritten hat.

Als Ignacia ein paar Tage lang Durchfall hatte und abends ihre Kleidung etwas abbekommen hatte, wollte sie diese nicht wechseln und meinte, die könne man ja noch mal tragen.

Morgens ist immer sie diejenige, die den Mate vorbereitet und ausschenkt. Mate macht zu grossen Teilen die argentinische Kultur aus. Mate wird aus kleinen Gefäßen, in denen durch das Mate-Kraut heißes Wasser mit dem bitterem Mate Arome versetzt wird, getrunken. Man trinkt es durch ein Metallröhrchen, welches das Wasser vom Kraut trennt. Mate trinken ist sehr gesellig, der Mate wird immer im Kreis herumgereicht.

Viele Argentinier trinken den Mate mit Zucker, oder im Sommer nehmen sie statt heißem Wasser eiskalten Orangensaft.

Über den ältesten Sohn des Pastors hier habe ich auch sehr schnell Kontakt zu Argentiniern bekommen. Durch die Offenheit der Argentinier bekomme ich fast jedes Wochenende von jemandem eine Einladung zum Asado Essen. Dabei werde ich dann immer über die Unterschiede von hier zu Deutschland ausgefragt. Es ist für die Argentinier total seltsam, dass man in Deutschland Zuhause seine Schuhe auszieht und dass man nicht ständig Fernsehen guckt. Hier ist es zum Beispiel üblich, dass wenn mann ißt, der Fernseher läuft. Besonders gut habe ich mich mit ein paar Jugendlichen aus der Filmgruppe Allens angefreundet. Ich habe bereits bei zwei Filmen aktiv mitgewirkt.

Wer mehr lesen möchte, regelmäßig gibt es neue Einträge unter: http://ffdar.blogspot.com.

Liebe Grüße,
y saludos,

Daniel


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